Probenfoto GHOST TRIO A: Klaus Fröhlich
Probenfoto GHOST TRIO A: Klaus Fröhlich

GHOST TRIO A - corps furtifs

Repertoire

2017 / 3 Performer + 2 Musiker / Bühne: 15 x 10 m / ohne Bestuhlung / 0:50 h

ZUM STÜCK

 

// Uraufführung: 15. September 2017, Saal „Genf“, World Conference Center Bonn – im Rahmen des Beethovenfest Bonn.

// Gefördert durch: Kunststiftung NRW, Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Bundesstadt Bonn, Théâtre-ProVS, Le Conseil de la Culture Etat du Valais, La Loterie Romande 

 

Präsenz und Absenz, Leerstellen und Zwischenwelten! CocoonDance zeigt während des Beethovenfests Bonn den ersten Teil ihrer Tanzproduktion GHOST TRIO A – corps furtifs auf Grundlage von Beethovens Klaviertrio D-Dur, dem sogenannten „Geistertrio“. Inspiriert von Samuel Becketts „Ghost Trio“, einem späten Fernsehspiel

des Autors, nähern sich die Tänzer dem Unausspre-chlichen an und setzten dabei ihre Körper schonungslos als Medium ein.

 

Diese Performance mit drei Tänzern und einer Pianistin arbeitet mit einem spezifischen Wahrnehmungsdispositiv, um die Dimensionen Raum, Musik (Klang) und Zeit auf diese Fragen hin zu überprüfen: Bist Du da, auch wenn ich Dich nicht sehe? Nicht höre? Nicht spüre? Was Musik und Film durch Bearbeitung heraufbeschwören können, wird bei dem rein Körperlichen zur Herausforderung. Auf der Bühne wird den Körpern alles genommen, was zur Identifikation menschlicher Subjekte und Körper beiträgt.

 

Ein spannungsreiches Spiel mit den Zuschauern, die nach Gewissheit und Orientierung suchen, beginnt.

Denn füllt sich die Leere, kommt etwas, das verunsichert. Das ist die Aufgabe der Gespenster!

Als Geister der Vergangenheit sind Beethoven und Beckett zwar geladene Gäste, doch sie erscheinen neu interpretiert als Fragment von Erinnerungen. So ist etwa vom Trio nur die Pianistin im Raum sichtbar. Die Streicher bleiben in ihrer Zwischenwelt – nicht sichtbar, aber präsent.

 

Von und mit: Álvaro Esteban, Daniel Morales, Werner Nigg / Live-Elektronik, Komposition:

Jörg Ritzenhoff auf Grundlage von Ludwig van Beethovens Trio op. 70 Nr. 1 für Klavier, Geige und Violoncello „Geistertrio“ / Choreographie, Regie: Rafaële Giovanola // Klavier: Beatrice Berrut / Licht: Tobias Heide // Kostüme: Annika Ley / Beratung: Raum/Licht: Boris Kahnert / Choreographische Assistenz: Leonardo Rodrigues / Bewegungsrecherche: Fa-Hsuan Chen, András Déri, Martina De Dominicis, Greta Salgado, Susanne Schneider / Dramaturgie, Konzept: Rainald Endraß / Management: Mechtild Tellmann

Trailer: Michael Maurissens/ Carré Blanc Productions

 

PRESSESTIMMEN (in Auszügen)

 

„Um die mésalliance von Musik, Choreografie und Tanz gleichzeitig sichtbar, hörbar und „be“greifbar zu machen, wurde ein großartiges Raum-Environment geschaffen, dessen freie Anordnung dem Zuschauer vielseitige Perspektiven eröffnete, ja, ihn manchmal gar mitten ins tänzerische Geschehen hinein katapultierte. (…) Doch auch dem Tanz selbst wird ein großartiger Rahmen geschaffen: drei kleinere Zuschauerblöcke mit seitlichem oder frontalem Blick in den Raum, davor je ein Bildschirm, auf den mit Nachtsichtkamera Schemen und Schatten der Tänzer übertragen werden, die in einer unwirklich anmutenden Durchsichtigkeit durch den Raum zu schweben scheinen. Geht der Blick über den Bildschirm hinaus, sieht man die drei Tänzer real im Raum agieren. Wie in einem Vexierbild kann sich der Zuschauer damit seine eigenen erstaunlichen Momente, seine eigene Wirklichkeit schaffen. Ein ebenso gelungenes wie angemessenes Raumkonzept von Boris Kahnert, der mit Tobias Heide auch das Licht arrangierte. (…) In dieser Umgebung lässt Rafaële Giovanolas Choreografie die Tänzer zwischen Realität und Fiktion schwankend und schwebend tänzerisch oszillieren. Mal scheint es sie einander unwiderstehlich anzuziehen, dann wieder streben sie fluchtartig auseinander. Eben noch real und präsent verlieren sie auf dem Bildschirm ihre Körperlichkeit, scheinen sich aufzulösen, doch wohin? Schon im nächsten Moment, kaum sind sie der Perspektive der Nachtsichtkamera entronnen, tauchen sie mit neuen Bewegungen und einer neuen Idee von Leben wieder auf. (…)  Anschaulicher kann man die Ablösung von der eigenen Körperlichkeit nicht darstellen. Entweder den Halt in oder den Fluchtpunkt aus der Realität muss sich der Zuschauer, wie so oft in den Tanzstücken von CocoonDance, dabei selbst suchen (…) Der Tanz als reine Darstellungsform wird in diesem Konzept weit überschritten und ihm gar existenzielle Aufgaben bei der Lebensanalyse und -bewältigung zugewiesen. Hier zeigen sich auch die Berührungspunkte zu Samuel Becketts „Ghost Trio“, von dem sich diese außergewöhnlich stark berührende Inszenierung inspirieren ließ. Ein starkes Stück.“

(Klaus Keil, www.tanzwebkoeln.de, Nachtkritik, 16.09.2017)

 

„Wieder ein spannendes Spiel mit der Wahrnehmung, was häufig Gegenstand der Erkundung in den Stücken von Choreografin Rafaële Giovanola und Dramaturg Rainald Endraß, den Gründern und Leitern von CocoonDance, ist.

(…) In diesem Stück, das als weitere Referenz Samuel Becketts filmische Beethoven-Hommage „Ghost Trio“ aus den 1970er Jahren verarbeitet, wird das Grauen zu einem treibenden Moment. Geradezu physisch spürbar ist das, wenn einer der Tänzer gänzlich unbekleidet langsam den Raum durchquert, schlotternd und keuchend: Er ist die personifizierte nackte Angst. Ein tief beeindruckender Abend (..) .“ (Bernhard Hartmann, General-Anzeiger, 18.09.2017)

 

„Im Vordergrund der Produktion steht das “Geisterhafte” des Titels, verstanden als Komplex des unvermittelt Erscheinenden, nur schemenhaft Ortbaren, des Unvertrauten mit seinem Verhalten Rätselhaft-Fremden in Wahrnehmung und Begegnung. (…) Das ist choreographisch (Choreographie: Rafaële Giovanola) spannend und raffiniert strukturiert. Die Veränderungen scheinen von Wechseln in der Musik ausgelöst zu werden, vom Faktor Zeit oder von Änderungen in der Beleuchtung. Tänzerisches im üblichen Sinn bleibt gezielt außen vor, Giovanola setzt ganz auf szenische Wirkung, gymnastische Elemente oder direkten körperlichen Ausdruck. Der auch krass ausfallen kann wie in der letzten Szene, in der einer der Tänzer nackt, scheinbar frierend und heftig zitternd, mühsam durch den Raum trippelt und im Dunkel verschwindet. Ein Geist, der lebendig wurde oder ein Alien im Stadium der Mutation „Ghost Trio A – corps furtifs“ ist rätselhaft und faszinierend zugleich.“

(Jürgen Bieler, Bonner Rundschau, 18.09.2017)