Probenfoto GHOST TRIO B: Franco Mento
Probenfoto GHOST TRIO B: Franco Mento

GHOST TRIO B - corps multiples

Repertoire

2018 //  6 Darsteller // Bühne: 15m x 12m // 0:50h

ZUM STÜCK

 

// Uraufführung: 10. Januar 2018, Théâtre du Crochetan Monthey (CH)

// Deutschland-Premiere: 19. Januar 2018, Ringlokschuppen Ruhr Mülheim

// In Koproduktion mit: Théâtre du Crochetan Monthey, Malévoz Quartier Culturel, Theater im Ballsaal Bonn.

// Gefördert durch: Kunststiftung NRW, Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Bundesstadt Bonn, Théâtre-ProVS, Le Conseil de la Culture Etat du Valais, La Loterie Romande 

 

Bist Du da, auch wenn ich Dich nicht sehe? Nicht höre? Nicht spüre? – CocoonDance  weckt (erneut) Geister!  “GHOST TRIO B – corps multiples” knüpft als komplett eigenständige Produktion an “GHOST TRIO A – corps furtifs” an,  das im Rahmen des letzten Beethovenfest Bonn uraufgeführt wurde. Drehte sich in GHOST TRIO A alles um Bilder der Körperlichkeit, die  sich aufzulösen schienen, um dann unvermittelt mit neuen Bewegungen und einer neuen Idee von Leben wieder aufzutauchen, so sucht GHOST TRIO B nach Unmittelbarkeit und Anziehung  in Beziehung zu allen im Raum Anwesenden.

 

Die Wahrnehmung gespenstischer Körper zielt auf die Loslösung des Körpers aus der Vorgängigkeit von Geschichten. CocoonDance stellt gar nicht erst die Frage nach der Existenz von Geistern, sondern  geht geradewegs gemeinsam mit den Zuschauern auf die elementare Suche nach dem unbegreiflichen, noch ungedachten Körper.  Die Gespenster, die „unmöglichen Körper“ das sind diesmal alle, Performer und Zuschauer, wie es auch der Untertitel des Stücks, „corps multiples“ bereits vorgibt.

 

Körper werden nicht einfach gesehen, sie werden haptisch-visuell empfunden. Die Bewegungen durchziehen sowohl die Körper der Tänzer als auch das Publikum. Es ist gerade das Zusammenkommen verschiedener Bewegungen, Geschwindigkeiten und Richtungen, die miteinander interferieren und so die Rhythmen, die Körper und die Empfindungen der Aufführung produzieren. In dieser Assemblage der Bewegungen werden Sehen und Berühren ineinander gefaltet. Die Rhythmen der Berührung operieren sowohl auf der Ebene der Bewegung als auch auf der Ebene der Empfindung autonom, sie brechen immer wieder die Formierungen auf und verknüpfen sie zu neuen, anderen Gefügen.

(Gerko Egert: Berührungen, Transcript Verlag, Bielefeld 2016)

 

Von und mit: Fa-Hsuan Chen, Martina De Dominicis, Álvaro Esteban, Daniel Morales, Werner Nigg, Susanne Schneider, sowie András Déri und Marie Viennot / Choreographie, Regie: Rafaële Giovanola / Komposition: Franco Mento (nach Motiven der Komposition „GHOST TRIO A“ von Jörg Ritzenhoff auf Grundlage von Ludwig van Beethovens Trio op. 70 Nr. 1 für Klavier, Geige und Violoncello „Geistertrio“) / Lichtgestaltung, Raum: Boris Kahnert / Kostüme: Annika Ley / Choreographische Assistenz: Leonardo Rodrigues / Fotos: Klaus Fröhlich / Dramaturgie, Konzept: Rainald Endraß / Management: Mechtild Tellmann

 

 Trailer: Michael Maurissens/ Carré Blanc Productions

Pressestimmen (Auszüge)

 

„Wieder einmal sprengt das freie Bonner Tanzensemble CocoonDance das konventionelle Bühnenerlebnis – nicht nur, was den Raum betrifft. Choreografin Rafaële Giovanola spielt in „Ghost Trio B – corps multiples“, das in Mülheim seine deutsche Erstaufführung erlebte, wieder raffiniert mit der Wahrnehmung. Die anderen – das sind  nichts als Körper. Wenn die Gesichter verdeckt sind, betrachtet man nur die Konturen, Kleidung und Bewegung der Menschen. … Hier wird der Zuschauer – wenn er will – zum Performer.  Denn alle suchen in der 60-köpfigen Menge die sechs  Profi-Gespenster-Tänzer auszumachen, die in Maske und Straßenkleidung kaum auffallen. … Das Stück wird zum Versteckspiel. „Ghost Trio B – corps multiples“ ist mehr als ein originelles Tanzstück: Es ist ein Experiment der Körper-, Fremd- und Selbstwahrnehmung. Spannend.“                   

(Bettina Trouwborst, tanzweb.org, 22.01.2018)

 

„Ein kurzweiliger Abend mit fulminantem Höhepunkt und einem schnellen Ende, an dem man dennoch nichts vermisst. Ich verlasse den Raum mit geschärften Sinnen und freue mich, dass CocoonDance ihre nächsten Produktionen immer auch im Ringlokschuppen zeigen wird. Was für ein Zuwachs für das Ruhrgebiet.“ (Judith Ouwens, TRAILER 01/2018)  

 

„Die Qualitätsbezeichnung ‚Erlebnis‘ wird im Kulturjournalismus ja nicht selten bemüht, aber in diesem Fall mag das durchaus zutreffen.“ (Hagen Haas, General-Anzeiger, Bonn, 27.01.2018)

 

„Ein beindruckendes Erlebnis … grandios.“ „Das Publikum wird Teil der Inszenierung. … abgefahren ... ."  (Kathrin Albrecht, KÖLNCAMPUS Radio, KulturImpuls/ Frührausch, 23.01.2018)

 

„Jeder der den Raum betreten will, muss eine Maske tragen, eine Kapuze über den Kopf ziehen. Die gibt es in verschiedenen Farben und Materialien, sie reicht vom Scheitel bis zur Schulter und hat zwei Löcher für die Augen, sonst nichts.  … die Auswirkungen allerdings sind verblüffend. Die unterschwellig Interesse, Sympathie und Antipathie auslösenden Faktoren, Gesicht und Mimik, sind verschwunden, übrig geblieben sind Formen, Körper mit ihrer Präsenz im Raum – und dazu jähe Anonymität. In „GHOST TRIO B – corps multiples“ macht Rafaële Giovanola das Publikum tatsächlich zu theatralischen „Geistern“, Zusatztänzern oder mobilen Raum-Skulpturen. Eine Bestuhlung gibt es nicht und Raumteiler in Form von schwarzen Vorhängen verhindern den Blick auf Teilbereiche der Bühne. Wer im Theater im Ballsaal was erleben wollte, musste sich im Raum bewegen womit er zum Teilnehmer wurde. … Rafaële Giovanola ist hier eine visuell raffinierte, stringente entwickelt Choreographie gelungen, die von den „Cocoon“-Tänzern mit der ihnen eigenen Intensität auf den Bühnenboden gebracht wurde. Fazit: Sehenswert als Tanzstück, empfehlenswert als theatralische Erfahrung.“

(Jürgen Bieler, Bonner Rundschau, 29.01.2018)

 

"Alle Anwesenden tragen über ihrer Alltagskleidung diese eigenartigen Stoffmasken, die an den Seiten wie Katzenohren abstehen. Die Anonymität ist perfekt, alle sind Gleiche unter Gleichen, ganz neue Möglichkeiten eröffnen sich. Mit der Maske gewinnen wir Spielraum. Jeder ist sichtbar, aber niemand ist erkennbar. (…) Es ist schon sehr klug, was sich Rafaele Giovanola und Rainald Endraß für ihre neue Produktion ausgedacht haben. Niemand kann die sechs Akteure des Ensembles von CocoonDance identifizieren, bis sich einzelne Körper zu bewegen beginnen. Mit dem Titel „Ghost Trio B – corps multiples“ gibt das Ensemble die Richtung für die Choreografie vor, in der leidenschaftlich getanzt wird, obwohl man die Berührung weitgehend vermeidet. (…) Berührung wird angedeutet, so als bestünde sie hier nur noch aus der Erinnerung. So sind Geister denn auch Gestalten ohne Körper, Erinnerungen, die uns geblieben sind, die weiterleben, aber ihre Materialität verloren haben. Darüber wird die Geste zum Werkzeug der Erzählung, und wovon sie kündet, das ist jenes Wunder, das uns fassungslos macht, wenn wir sehen, wie männliche und weibliche Körper im Tanz doch füreinander gemacht scheinen. (…) Nach dem Spiel mit den Spiegeln des „Orfeo“ vollziehen die Cocoons nun mit dem Griff zur Maske den nächsten Schritt zu einem Erlebnis der Nähe, das uns zeigt, wie sich Erinnerung in den Körper einschreibt und sie wieder auf eine Weise frei gibt, die kein Wort zu ersetzen vermag." (Thomas Linden, CHOICES, 22.01.2018)

 

Gräben beseitigen zwischen Zuschauern und Akteuren, Kunsträume aus ihrer Erstarrung befreien, herkömmliche Sichtweisen aufbrechen und Erinnerungen aus der Zeit heben - das sind nur einige der Effekte, die bei einer experimentellen Tanzdarbietung "Ghost Trio B - corps multiples" des Bonner Ensembles "CocoonDance" in der Orangerie am Wochenende erzielt wurden.

(Michael Schardt, Kölnische Rundschau, 29.01.2019)