REAL-LIES- cosifantutte

ZUM STÜCK

 

// Uraufführung: 16. Mai 2007, Theater im Ballsaal, Bonn

// In Koproduktion mit: steptext dance project (Bremen), Tafelhalle Nürnberg und Scenario P.u.bli.c.o. (Catania/Italien)

// Gefördert durch: Kunststiftung NRW / Bundesstadt Bonn / Ministerpräsident des Landes NRW / Beethovenstiftung für Kunst und Kultur der Bundesstadt Bonn / NRW Landesbüro Freie Kultur / Le Conseil de la Culture Etat du Valais

 

Mit seiner Uraufführung "Real Così - real Tutti" bleibt sich die Bonner Tanzkompanie treu - und das ausgerechnet mit wohl dem berühmtesten Stück der Weltliteratur zum Thema Untreue. Denn auch in der mittlerweile vierzehnten Produktion beschäftigt sich COCOONDANCE mit der Identität und Ausformung des modernen Subjekts und im Besonderen mit dessen Bedürfnis nach Erfahrungen von Authentizität und Wahrheit. Alles dreht sich um die Frage, welcher Teil unseres gesellschaftlichen und kulturellen Lebens noch als "wahr“ angesehen werden kann und welcher den Regeln der (medialen) Inszenierung unterliegt.


Die Antwort auf die Frage nach dem Identischen sucht das Team um die Choreographin Rafaële Giovanola diesmal nicht in der gesellschaftlichen Wirklichkeit, sondern im Kunstraum des Theaters selbst. Welche Aussagen lassen sich über die Wahrheit treffen ausgerechnet an einem Ort, wo Maske und Rolle, Illusion und Schein Wesensbestandteile desselben sind? Und auch noch in einem Genre, der Oper, wo alles und jeder maskiert ist: die Gestalt, das Gesicht, die Identität, die Seele. COCOONDANCE hält sich deshalb gar nicht erst lange nach der Suche von Wahrheit und Authentischem auf, sondern setzt sich stattdessen mit dem unvereinbaren Gegensätzen wie List, Täuschung und Intrige auseinander, wofür die Oper "Così fan tutte - So machen sie's alle oder Die Schule der Liebenden" den idealen Stoff bietet. Gemeinsam mit den Zuschauern stellt COCOONDANCE die Frage nach dem Verhältnis von Wahrheit und Lüge und den Möglichkeiten, auf dem Theater Geschichten zu erzählen.


Auch wenn es alles wie ein "Sommernachtstraum" klingt, handelt es sich bei "Così" um ein eine strenge Versuchsanordnung, ein "Experiment am lebenden Herzen", die sich aus einer Wette zwischen Alfonso und seinen jungen Freunden Ferrando und Guglielmo ergibt. Ferrando liebt Dorabella, Guglielmo liebt Fiordiligi; Alfonso wettet, dass die beiden Frauen untreu sein werden. Man bedient sich einer List: Zuerst sollen beide Männer vorgeben, dass sie zum Kriegsdienst eingezogen worden sind. Dann sollen sie verkleidet zurückkehren und beiden Frauen den Hof machen. Als albanische Galane kostümiert versucht jeder, die Verlobte des anderen zu verführen ...

Von und mit: Viviana Escalé - FIORDILIGI, vornehme Dame aus Ferrara (Sopran) /// Bärbel Stenzenberger - DORABELLA, ihre Schwester (Sopran) /// Beniamin Boar - GUGLIELMO, Offizier (Bariton) /// Volkhard Samuel Guist - FERRANDO, Offizier (Tenor) /// Martin Inthamoussú DON ALFONSO, ein alter Philosoph (Bass) /// Rafaële Giovanola - DESPINA, Kammerzofe (Sopran) /// Choreografie, Regie: Rafaële Giovanola /// Komposition: Jörg Ritzenhoff /// Lichtgestaltung: Marc Brodeur /// Kostüme: Sabine Schnetz /// Choreographische Assistenz, Videodokumentation: Olaf Reinecke /// Management: Alexandra Schmidt /// Fotografie: Klaus Fröhlich /// Gestaltung: Rolf Bartsch /// Fotos: Klaus Fröhlich /// Dramaturgie, Konzept: Rainald Endraß

PRESSESTIMMEN

 

"Così fan tutte ist da, man sieht und schmeckt es in REAL-LIES der Bonner Tanzkompanie Cocoondance, die letztes Wochenende in Scenario Publico gastierte. (...) Das Stück wird von einem sehr zynischen Don Alfonso eröffnet, der ganz in weißes Leinen gekleidet ist. Er beherrscht und manipuliert die vier Figuren mit ihren verbundenen Augen, die zunächst hinter einer Vorhangkonstruktion aus fünfzehn Diktiergeräten versteckt sind. Die fünfte - ohne verbundene Augen - ist, Rafaële Giovanola, die erfinderische und geniale Choreographin, die nach dem Beispiel von Jiri Kylian weiß, wie man Verrücktheit und Gefühl in einem Stück in Einklang bringt. Sie ist diejenige hinter dem Regiepult sitzt, wo später die Verse von Carlo Da Ponte zu sehen sein werden. (...) Fiordiligi - Viviane Escalé - setzt sich auf unwiderstehliche humorvolle Weise von den anderen ebenfalls sehr talentierten Tänzern ab - Stenzenberger, Boar, Guist und Inthamoussu, der ein Solo für Körper und Stimme tanzt und keuchend auf Spanisch fragt: "Glaubt Ihr tatsächlich mehr zu wissen als ich?" (Carmelita Celi, La Sicilia, 11.03.2008)

 

"Das ewige Spiel mit den falschen Träumen von den wahren Gefühlen hat die Bonner Choreographin Rafaële Giovanola mit ihrer Tanzkompanie COCOONDANCE jetzt in der neuen Produktion "Real-Lies" so anmutig hellsichtig im Theater im Ballsaal inszeniert, dass Mozart seine Freude dran haben müsste. (...) Für alle Verzettelungen hat Giovanola zusammen mit dem Dramaturgen Rainald Endraß eigenwillige Tanzfiguren mit aberwitzigen Sprüngen, bizarren Verklammerungen und dramatisch exakten Taumeleien erfunden. Der Komponist Jörg Ritzenhoff hat aus einer mit irrwitzigem Tempo durch die Partitur jagenden "Così"-Interpretation des Dirigenten René Jacobs und diversen Popsongs eine schräge Tonspur gebastelt, die opernsüchtig machen könnte." (Elisabeth Einecke-Klövekorn, General-Anzeiger, 19./20. Mai 2007)

 

"Auf die heikle Geschichte aus galanter Zeit hat sich im Ballsaaltheater Bonns feine Tanztruppe "Cocoondance" mit schöner Spitzfindigkeit eingelassen (...). Die Choreographie von Rafaële Giovanola [ist] (...) intelligent auf die Oper eingegangen bei ihrer Suche nach Wahrheit oder Inszenierung. Sie hat die Konstellationen virtuos übersetzt. (...) Mozarts Musik wird nach zwei, drei Ensembles von einer elektro-akustischen Raumkomposition von Jörg Ritzenhoff abgelöst, zusammen mit den Sprechstimmen ein kleines Gesamtkunstwerk."

(Heinz-Dieter Terschüren, Bonner Rundschau, 23. Mai 2007)

 

"Ausgehend von der Geschichte um Untreue und Betrug, hinterfragen die Bonner nicht nur das Wesen der Liebe, sondern stellen auch die Illusion des Theaters infrage, indem sie Spiel und Realität immer wieder durchbrechen. (...) Hier wird der ganze Wahnsinn, den Liebe unweigerlich mit sich bringt, greifbar und das alles mit der Leichtigkeit eines Videoclips. (...) Die Tänzer von CocoonDance sind hoch professionell und dennoch bewahrt sich “REAL-LIES - cosìfantutte” den leicht brüchigen, provisorischen Charme freier Produktionen. Leider bleibt am Ende der Eindruck zurück, dass die starken theatralischen Elemente auf Kosten des Tänzerischen gehen. Doch davon würde man sich angesichts der kraftvoll energetischen und zugleich luftig leichten Dynamik ihres Tanzstils gerne mehr wünschen."

(Nathalia Münnich, Die Deutsche Bühne, Aktuelle KRITIKEN ONLINE, 6/2007)