SILENT RUNNING

ZUM STÜCK

 

// Uraufführung am 28. Juni 2001 im Theater im Ballsaal, Bonn

// Gefördert durch: Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW, Kulturamt der Stadt Bonn und dem Fonds Darstellende Künste e.V. aus den Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien

 

Niemandsland, vielleicht eine Insel. Auf Autositzen, nebeneinander her lebend, drei Menschen, Gestrandete. Eine kleine Gesellschaft - im Stillstand. Ein schon vor Jahren vom Zufall zusammengeführtes Unglückspersonal, umgeben von einer unsichtbaren Wand, gefangen in den eigenen Ängsten, verloren in sinnlosen Tätigkeiten, eingerichtet in aussichtslosen Hoffnungen. Hin und wieder aufbegehrend gegen blind ausgeführte Rituale gegen sich selbst und den Nächsten. Drei Elendsgestalten und doch kein Sozialdrama. Ein Spiel in der Schwebe zwischen Realem und Abstraktem, zwischen Sozialem und Poesie.

VON UND MIT

 

Konzept und Regie: Rainald Endraß /// Choreographie und Tanz: Rafaële Giovanola, Marcelo de Melo, Sean Gerard /// Bühnenbildentwurf: Frank Chamier /// Lichtgestaltung: Marc Brodeur /// Musik- und Tonarrangement: Stephan Mauel /// Kostüme: Adelheid Pohlmann /// Choreographische Beratung und Inspizienz: Antoinette Laurent

"Das "aussichtsloseste" Gefängnis ist jenes ohne Gitter, Symbol für das ritualisierte Bergauf-Bergab des Alltags. In der kraftvollen, sportiven, dann wieder elegischen Inszenierung nehmen sie, als "Crash-Test-Dummies" ihrer selbst, immer wieder Anlauf, das Gewebe ihrer Selbstverstrickung zu zerreißen. Überraschend: Die Synthese von Klopapier und tragischer Poesie." (Wolfgang Schlüter, General-Anzeiger, Bonn, 30.06.2001)

 

"Das Ergebnis sind sehr eindrucksvolle Tanzverläufe, kraftvoll, poetisch, vegetativ gestaltet von allen. Die Drei verstehen sich intuitiv sicher, sie flechten sich ineinander, trennen sich, bauen das Motiv der Wiederholung ein. An den Seiten flammen Scheinwerfer auf. Mal ist Beckett die Folie für den Crash, mal der Crash die die Folie für den Beckett-Text. Der Witz der Aufführung ist das Changieren dazwischen." (Heinz-Dieter Terschüren, Bonner Rundschau, 30.06.2001)

 

"Drei Menschen hinter einer durchsichtigen Folie, eingeschweißt in einer Idee von Leben. Jeder zieht unbeeindruckt vom anderen seine Bahnen. Zusammenstöße garantiert. Rafaële Giovanola robbt auf den Knien, Marcelo de Melo rollt liegend durch Raum, Marcelo Omine geht aufrecht, aber nachtwandlerisch abwesend. Ihr Zusammentreffen ist ein großartig choreographierter Zufall, Beginn eines intensiven Bewegungsaustauschs: Körper wirbeln sanft und suchend oder aggressiv ausbrechend. SILENT RUNNING lässt sich am ehesten als abstraktes Tanztheater beschreiben. SILENT RUNNING gehört mit zum Besten, was derzeit in der freien Tanzszene der Rheinschiene zu sehen ist." (Klaus Keil, General-Anzeiger, Bonn, 02.05.2002)

 

"SILENT RUNNING ist eine magische Routine-Hölle, die jeden in ihren tänzerischen Sog reißt." (Gesa Pölert, Stadtrevue, Köln, 27.04.2002)

 

"In diesem Raum im Raum bewegen sich die Akteure wie lebendig gewordene "Crash-Test-Dummies", jene Puppen, die bei der Simulation von Autounfällen eingesetzt werde. In wunderbar fließenden Bewegungen nehmen sie Kontakt zueinander auf, um immer wieder auseinander zu treiben. (...) Manchmal schauen sie ins Publikum, verzweifelt gelassen, wie die Figuren eines Beckett-Stücks, dessen Texte Ausgangspunkt für die ungemein beeindruckende Aufführung waren." (Thomas Hag, Neue Rhein Zeitung, Düsseldorf, 15.04.2002)

 

"SILENT RUNNING (...) gehört zu den besten Stücken, die im letzten Jahr in der regionalen freien Szene entstanden sind. SILENT RUNNING sperrt drei Tänzer die ganze Vorstellung hindurch hinter eine durchsichtige Plastikfolie wie in eine andere Welt - ein absurder Alptraum à la Beckett. (...) Alles traumhaft unwirklich in hellgelbem Science-Fiction-Licht. Schweben im Niemandsland; vergessener Planet nach einer Katastrophe. Davongekommen, aber wohin? Ausbruchsversuche führen zu Begegnungen: romantischen, aggressiven, missverstandenen. Drehungen und getaumelte Klassik sind mit organischen Improvisations-Fundstücken zu einer suchenden Tanzsprache verschmolzen - nie ganz ausgeformt, gelöst unentschlossen. Ohne sich auf gefühlige Dramatik einzulassen, schwebt COCOON-DANCE in einer Art blinder Leichtigkeit durch eine absurde Welt." (Gesa Pölert, Rheinische Post, Düsseldorf, 19.04.2002)

 

"Bei aller künstlerischen Ästhetik ist SILENT RUNNING ein deprimierendes Stück. Der sinnlose Ablauf von keinem Willen getragener Programme, der unausgesprochene Vergleich mit täglichen Ritualen des modernen Lebens bedrängen und treffen den Zuschauer. Dass man über manche Geste in ihrer Nichtigkeit spontan lachen muss, macht es nicht komisch, sondern eher tragischer." (Christian Dijkstal, Rheinische Post, Krefeld, 30.04.2002)

 

"Das ist ein spannendes, vieles andeutendes Setting, das die Choreografie da errichtet. Mit starken Licht- und Musikwechseln zerfällt die Dramaturgie in einzelne Bilder, die Entwicklung wird immer wieder in die Wiederholung, ins Serielle zurückgeworfen. Harmonische Gleichklang-Passagen, befreite Tanzsequenzen wechseln in den eisernen Rhythmus von Automaten-Menschen. (...) Viel Applaus für einen trotz hölzerner Dramaturgie perfekt getanzten, manchmal verstörenden, aber manchmal auch nur verwunderlichen Abend." (rel), (Westdeutsche Zeitung, Krefeld, 30.04.2002)

 

"Die faszinierende Ästhetik der Inszenierung von Rainald Endraß und die hervorragenden Tänzer begeisterten die Zuschauer in der ausverkauften Brotfabrik und machten neugierig auf weitere Stücke von COCOON-DANCE. Die Zusammenarbeit zwischen Stadttheater und freier Szene sollte fortgesetzt werden." (Swantje Karich, General-Anzeiger, Bonn, 07.05.2002)

 

"Rainald Endraß hat SILENT RUNNING in Dramaturgie und Form gekonnt in der Schwebe gehalten: es gibt die innige Begegnung von Ausdruckslosen und die ausdruckslose Trennung von Wesen, die sich innig aufeinander beziehen. Nichts ist sicher, weder die Zuneigung noch die Entmenschlichung der Protagonisten. Die Musik- und Tonarrangement: von Stephan Mauel unterstützt mit ihren leitmotivischen Wiederholungen und ironischen Schlenkern die scharf kalkulierte Grenzverwischung zwischen Endzeitpathos und Absurdistan. In diesem konzeptionellen Niemandsland kann man es sich gemütlich machen. Man kann aber auch etwas vermissen: ein Moment des Unberechenbaren, was nicht erkennbar Teil der Inszenierung ist." (Basil Nikitakis, Kölner Stadt-Anzeiger, 09.05.2002)