WHAT THINK EYE

ZUM STÜCK

 

// Uraufführung: Sonntag, 20. Februar 2005, Brotfabrik Bonn

// Eine COCOONDANCE-Produktion in Kooperation mit der Brotfabrik Bonn

// Gefördert durch: Kunststiftung Nordrhein Westfalen // Bundesstadt Bonn

 

Für WHAT THINK EYE haben sich mit Tony Rizzi und Rafaële Giovanola zwei langjährige Freunde und ehemalige Kollegen vom Frankfurter Ballett für ein Projekt in Bonn wieder getroffen. Dabei herausgekommen ist ein absurdes und zugleich poetisches Solo, eine mithilfe von Bewegung, Text und Video geführte ironische Reflektion über die Suche nach sich selbst, den Verlust von Identität durch Einflüsse von Draußen und den Wunsch jemand anders zu sein.


"Eine Frau unter Einfluss": Sie, das ist im Zeitalter der Patchwork-Identitäten eine "gesampelte Persönlichkeit", die sich uns und sich selbst mit Geschichten, Songs, absurden Stories und Anekdoten erzählen will. Je mehr sie sich ihrer Identität zu vergewissern sucht, desto mehr gerät sie in einen Strudel von Erinnerungsschnipseln und medial ausgelösten Traumfetzen. Verloren zwischen Wahrheit und Fiktion, den Bildern von sich selbst und den der Anderen, findet sich unsere Ich-Erzählerin plötzlich als ohnmächtige Zuschauerin einer verselbstständigten neuen Geschichte wieder. Jeder Mensch ist eine einzigartige Erzählung, die fortwährend und unbewusst durch ihn und in ihm entsteht - eine gelebte Erzählung, die man braucht, um sich sein Selbst zu bewahren. Dieses Selbstbild von dem wir abhängig sind, ist allerdings ein soziales und historisches Konstrukt, das in Bezug auf Medium und Inhalt variiert: von dem Eigenbild, das man in den Augen des anderen liest, zum physischen Körper im Spiegel bis zu dem 'Live'-Körper in den elektronischen Medien wie Radio, Fernsehen, Video und der computerunterstützten Bildwelt virtueller Umgebungen. Jene Bildwelten, in die das Subjekt stets eingebunden ist, konstruieren also von einem äußeren Blickpunkt aus "imaginäre Einheiten", durch die so etwas wie Subjektivität überhaupt erst zur Erscheinung gebracht werden kann. Kurz: Der Körper wird dem Subjekt selbst zum Medium, durch das es sich entwirft.

VON UND MIT

 

Choreografie und Regie: Antony Rizzi /// Tanz: Rafaële Giovanola /// Videos und Musikarrangement: Antony Rizzi /// Licht: Markus Becker /// Fotografie: Klaus Fröhlich /// Projektleitung: Beate Sokoll

PRESSESTIMMEN

 

"Eine multimediale Soloperformance unter dem Titel "WHAT THINK EYE": Protagonistin ist eine junge Frau (Rafaële Giovanola) auf der Suche nach ihrer (verlorenen?) Identität. (...) Das Ergebnis ist eine Art atomisierter Figur, die ihrer Persönlichkeit - wenn überhaupt - nur in Augenblicken habhaft werden kann. Mit den Ausdrucksmitteln Körpersprache, Musik, Text und Videoprojektion wird wie in einem Vexierspiegel jene desperate Suche nach einem Kern vorgeführt, die sich letztlich als ergebnisoffen erweist, es sei denn, dieser "der Welt abhanden" Gekommenen gelänge es, sich - analog zu jenem von Gustav Mahler vertonten Rückert-Gedicht - in der Kunst, im Tanz zu erfahren. Hier könnte sich der Kreis dann schließen. (...) Giovanola überzeugt mit dezentem Ausdruck. Ihre Bewegungschiffren bleiben übersichtlich und erlauben so die Möglichkeit, parallel hierzu den Video-Collagen zu folgen. Rizzi hat eine Reihe von Sequenzen zusammengestellt, von welchen die letzte durch skurrile Effekte den menschlichen Körper in seine Einzelteile gleichsam zertrümmert, um sie hernach wie zu einem Homunkulus neu zusammenzusetzen. Hierbei treten Rizzi und Giovanola gemeinsam als Darsteller in Erscheinung und finden trotz des distanz-schaffenden, reproduzierbaren Mediums zu beeindruckender Dichte. Das Premierenpublikum feierte die Produktion mit viel Applaus." (Fritz Herzog, General-Anzeiger, Bonn, 20.02.2005)

 

"What think eye" hat die Tänzerin Rafaële Giovanola in der Brotfabrik getanzt, die ein Dutzend Jahre in Freiburg und Bonn Protagonistin in Pavel Mikulastiks Choreografischem Theater war, davor im Frankfurter Ballett mit Jiri Kylian und William Forsythe gearbeitet hat und heute ihr eigenes Cocoon Dance Ensemble leitet. "What think eye" hat Anthony Rizzi für sie choreographiert, zu ihrer Zeit auch beim Frankfurter Ballett. Man ahnte: Hier wurde auch Biografisches getanzt. Und die gesammelten Augenblicke warf Kollege Rizzi auf Rafaele Giovanola. Zugleich aber bleibt der Betrachter auf Distanz. "Think piece" nennen die Amerikaner eine getürkte Geschichte. Die Tänzerin ist zwar Schweizerin, aber hat offenbar auch qua Geburt in Marylands Metropole Baltimore, den US-Pass. So kriegt alles seinen ironischen Schlenker. Rizzi hat leicht gefügtes Tanztheater für sie gefunden. Biografie als Sampler. Eine Schiene legt der hübsche Einfall aus dem Trainingsraum mit den abgetragenen T-Shirts und witzigen, wenn man will auch lebensnahen Aufdrucken: "Whatever", "Masterfucker" . . . Sie liegen auf einem großen Haufen, sie plättet sie. Das Rein und Raus eines Tänzerinnenlebens. Für ein erstes Finale zieht sie alle auf einmal an. Man kann das Bild vielleicht auch anders lesen. Wichtig aber ist, dass diese Offenheit, die Rizzi choreographiert, nur von der erstaunlichen tänzerischen Präsenz von Rafaele Giovanola zusammengeführt wird, Bildern von ihr. Wie sie sich sieht, wie er sie sieht. Auch die computerunterstützten Bilder über Fernseher, Video und virtuelle Environments verlangen die Fokussierung von ihrer Kunst. What think eye: Es ist auch das Spiel mit den Perspektiven." (H.D. Terschüren , Bonner Rundschau, 20.02.2005)