I'VE SEEN IT ALL

ZUM STÜCK

 

// Uraufführung: 16. September 2011, Les Halles, Sierre (CH)

// Deutsche Erstaufführung: 6. Oktober 2011, Theater im Ballsaal, Bonn

// In Koproduktion mit Theater im Ballsaal, Bonn / Les Halles, Sierre (CH) / Théâtre du Crochetan, Monthey (CH)

// Gefördert durch: Théâtre-Pro Valais / Loterie Romande / L’encouragement des activités culturelles du canton du Valais / MIGROS pour-cent culturel/ Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Spitzenförderung des Landes NRW für freie Tanzensembles/ Kunststiftung NRW / Bundesstadt Bonn

 

Sechs Tänzer und ein Geräusche-Macher entführen den Zuschauer/-hörer in ein wechselvolles Spiel von gesprochenen Texten, Musik und Geräuschen, von Räumen und Bewegungen. Im Mittelpunkt von I’VE SEEN IT ALL steht die surreale, zwischen Wachen und Träumen changierende Welt Henrys, die von einer Stimme aus der Dunkelheit ausgelöst, erwacht. Unsichtbares wird hörbar, Unausgesprochenes sichtbar. Es entsteht ein Hör-Spiel, ein Spiel mit Hören und Bewegung!

 

Das distanzlose Organ OHR ist dem Distanz haltenden Auge überlegen. Das Auge ist selektiv, das Ohr alarmiert. Das Auge sucht die Beute, das Ohr lauscht der Gefahr. Was ich höre, will Kontakt mit mir aufnehmen, was ich sehe, will sich von mir distanzieren.

Von und mit: Volkhard Samuel Guist, Martin Inthamoussú, Athanasia Kanellopoulou, Maura Morales, Morgan Rhiannon, Victoria Perez /// Choreographie und Inszenierung Rafaële Giovanola /// Komposition und Sound Jörg Ritzenhoff /// Lichtgestaltung Marc Brodeur /// Kostüme Sabine Schnetz /// Foley Artist-Workshop Dieter Hebben /// Textberatung Bastien Fournier /// Künstlerische Beratung Carmen Mehnert /// Choreografische Assistenz Marcelo Omine /// Fotos: Klaus Fröhlich /// Dramaturgie und Konzept Rainald Endraß

„Das Publikum begibt sich auf eine atemberaubende Reise durch die Sinne. Die sechs Tänzer und der Komponist Jörg Ritzenhoff erobern den Raum, füllen ihn mit Tanz weitab entfernt gebräuchlicher Vorstellungen. Aufsehen erregend!“
JFA, Le Nouvelliste, 21.9.2011

 

"„Das akustische Universum von I’VE SEEN IT ALL erinnert daran, wie das Auslösen eines Lauts, Emotionen und starke Bilder erschaffen kann. Die Aufführung ist ausgesprochen faszinierend.“
Isabelle Bagnoud Loretan, Le JDS - Journal de Sierre et du Valais central, 23.09.2011

 

„Der Tanz ist voller Energie und Rhythmus, ganz ohne Spur von Pathos. Technik und Form bringen einem das Thema näher, als jegliche empfindsame Interpretation es vermochte. „I’ve seen it all“ von Rafaële Giovanola erzählt vom Inzest. (…) Der Sound spinnt den roten Faden einer Erzählung, die vollkommen durchstrukturiert ist, den oft abstrakten Bewegungen des Körpers erst ihren vollkommenen Sinn geben.“
Marie Parvey: Valais-mag, 17.09.2011

 

„Für das Publikum, das an der Wand ringsum die quadratische Bühne des Theaters im Ballsaal Platz genommen hat, ist der Hörspielperformer zu keiner Zeit wirklich greifbar. Er ist Regisseur und Zuschauer zugleich; und damit geradezu die ideale Projektionsfläche für eigene Gedanken. Denn Rafaële Giovanolas Inszenierung "I've seen it all", die neue Produktion von Cocoondance, bricht bewusst und recht gründlich mit den geltenden Regeln des Tanztheaters. Das Ergebnis ist ein Puzzlespiel. Alles andere als leicht, aber in jedem Fall lohnend. "I've seen it all" erzählt die Geschichte eines Inzestes - doch drängt sie sich dabei keinesfalls auf. Worum es letztlich geht - innerhalb ebenso wie außerhalb der Familie -, sind Liebe und Macht. Täter und Opfer sind dabei nicht selten ein- und dieselben. Sie bewegen sich in einem Gerüst aus Textfragmenten und Geräuschen; allein, zu zweit, zu dritt. Und sie entwerfen in Skizzen eine Dreiecksbeziehung, schwankend zwischen der gesunden Aggression zum Selbstschutz und einer destruktiven Art der Hingabe. (…) Wenn man das so möchte. Man muss aber nicht. Denn "I 've seen it all" erlaubt mehr als ein Stück pro Abend: pro Stuhl nämlich jeweils ein eigenes unverwechselbares. Es gleicht zu Beginn einem beliebigen Experiment mit Licht und Ton. Es kommt nach und nach in Bewegung. Dann ist es zum Glück aber schon zu spät, sich dem noch entziehen wollen. Oder ganz einfach faszinierend.“
Ulrike Strauch, General-Anzeiger, Bonn, 8.10.2011

 

„… Spiele, die man nicht sieht, nur hört, öffnen der Fantasie die Räume … spannen eine surreale Welt auf als Entsprechung zu der realen, in der es um Beziehungsdramen in der Familie geht, zwischen Vater, Tochter, Mutter. Auf so etwas lassen sich die Hörspielmacher im Ballsaal aber nicht wortwörtlich ein… Wichtig werden nicht die Informationen, sondern der Weg, den sie nehmen. Viel Beifall.“
Heinz-Dieter Terschüren, Bonner Rundschau, 12.10.2011

 

„Das Tanzstück von Rafaële Giovanola um familiären Inzest und sexuelle Gewalt beginnt akustisch: Sich entfernende Frauenschritte. Eine Tür fällt ins Schloss. Eine Fliege summt wie gefangen. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Die Vorgänge spielen sich direkt vor unseren Augen ab. Nicht in konkreten Bildern. Nichts, was den Zuschauer zum Voyeur machen würde. Viel schlimmer noch: Durch die Anordnung der Plätze, durch das Geschehen direkt vor seinen Füßen wird er zum Mitwisser. (…) Die Inszenierung verstärkt die beklemmende Situation für das Publikum noch und mischt die sechs Tänzerinnen und Tänzer zwischen die Zuschauer, die damit noch tiefer in das komplexe Geflecht einer Dreiecks-Beziehung von Vater, Mutter, Tochter hineingezogen werden. (…) Auf allen Ebenen arbeitet die Inszenierung mit dieser subtilen Durchmischung, diesem Sowohl-Als-Auch, diesen Doppelungen. Jeder kann Täter, jeder Opfer sein. Das wird nicht explizit benannt, sondert schimmert wie aus einer unbenennbaren, schrecklichen Zwischenwelt ständig durch. (…) Das Durcheinander der Gefühle wird noch forciert durch ein irritierendes akustisches Gefährt, das der Composer Jörg Ritzenhoff über die Bühne steuert, und mit dem er verstörendes Flüstern, Rascheln und Schreien, die sich bis zu einer Kakophonie der Geräusche steigern, noch in die letzte Ecke des Saals bringt. Schwarz, traumatisch, voll exzessivem Tanz und akustischem Overkill durchmisst die Inszenierung die ganze Landschaft der Gefühle.“
Klaus Keil, choices.de, Köln, 10/2011